Für den französischen Impressionisten Pissarro, sind es Träumereien, Empfindungen und Erinnerungen, die eine Wahrheit offenbaren. In dem kleinen Ort Marialva in Nordportugal scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Wir wandern durch das Steindorf hinauf auf den Burgplatz, auf der eine Kirche und die mit Blumen geschmückten Gräber eines Friedhofes das malerische Bild abrunden. Der Himmel, der sich über den Mauern am Rande der Anlage abzeichnet, ist grau, das Dorf leer und wir setzen uns an eine Säule. Die Szenerie vor uns hätte Pissarro genau so gemalt.
Wir betrachten die Steinmauern, die Häuser einfassen oder größere Gebäude umgeben, Plätze bilden und den Verlauf der Straßen begleiten. Es sind Zeitmauern, da sie an erzählte und vergessene Geschichten erinnern und ihr stummes Zeugnis über vergangene Epochen, Kriege, Glück und Unheil ablegen.
Auf dem Weg zum unteren Teil des Dorfes schlendern wir an Ruinen und renovierten Gebäuden vorbei. Uns gefällt, dass sich hier neues Leben fortschreibt und kein Museum entsteht. Auf den Steindächern entdecken wir Solaranlagen. Vor den Häusern bewundern wir die Rosensträucher. Sie holen einen vergangenen Besuch in der Schweiz aus unserer Erinnerung, eine Reise, die uns an das Grab Rainer Maria Rilke’s in Raron führte. Der erste Satz seines denkwürdigen Grabspruchs lautet: „Rose, oh reiner Widerspruch!“.
Die Blumen waren für den Dichter ein Symbol der Erholung, des Todes und der Kraft des Lebens.
Am Eingang des Dorfes unterhalten wir uns mit dem portugiesischen Paar, das hier das Café betreibt. Der junge Mann erzählt, dass seine Großmutter aus dem Ort stammt und er sich vor einem Jahr entschlossen habe, die Hektik Lissabon’s zu verlassen und hierherzuziehen. Wir verstehen diesen Entschluss gut und fragen nach, ob es ihm an irgendetwas fehlt. Er lächelt, runzelt seine Stirn, und meint:
„Nur meine Freunde aus Lissabon!“
„Aber, können sie nicht auch nachziehen?“
„Aber ja!“, antwortet der Portugiese zustimmend.
Es gäbe genug Platz in der Gegend und er träume von einer neuen Gemeinschaft, von Menschen, die das Leben suchen, seien es Musiker, Künstler, Schriftsteller oder Handwerker.
Wir sind begeistert -, denn freundlicherweise sind Reisende nicht ausgeschlossen.
„Ihr könnt auch gerne hier ansiedeln!“