Theodor Fontane ließ sich in Sassnitz für einen berühmten Roman inspirieren. 1895 rät Innstetten seiner Effie Briest: „Denn nach Rügen reisen heißt auch nach Sassnitz reisen.“
Seit der Jahrhundertwende hat sich die Stadt mit ihrer Bäderarchitektur immer wieder verwandelt. Wir stellen unseren Hausschuh unterhalb der elegant geschwungenen Hängebrücke, die seit 2007 die Oberstadt mit dem Hafenbezirk verbindet, ab. Auf der Brücke, dem Balkon zum Meer, hat man eine wunderschönen Blick auf die Wasserlandschaft.
Der Fischereihafen hat Sassnitz lange Zeit geprägt, heute findet hier ein Strukturwandel statt. Es sind nicht mehr die Fischer die das Bild prägen, sondern die Touristen, die mit den Ausflugsbooten an der Kreideküste entlang fahren. Die Uferpromenade bietet immer wieder schöne Aussichten auf die Ostsee, unter den Kastanienbäumen laden Sitzgelegenheiten zum Rasten ein. Der Weg führt an zahlreichen kleinen Restaurants vorbei, überragt von den Hotels und Pensionen mit ihrem einmaligen Blick auf die See.
In Alt-Sassnitz besuchen wir das nach zweijähriger Corona-Pause wieder stattfindende Vollmondfest. Andächtig wartet am Abend an der Uferpromenade eine große Menschenmenge auf das Auftauchen des Mondes am Horizont der Ostsee. Als sich das ersehnte Phänomen zeigt geht ein Raunen durch die Menge und es macht sich eine Stimmung irgendwo zwischen Begeisterung und Staunen breit. So ein Sommer dürfte nicht zu Ende gehen.
Wir spazieren die Bachpromenade hinauf auf einen kleinen Platz. In dieser Nacht wird Musik gespielt, es herrscht in den Gassen eine mediterrane Atmosphäre. Unsere eigentliche Entdeckung ist aber eine kleine Buchhandlung: Dahlmanns Bazar. Man kann hier Café trinken und kulinarische Köstlichkeiten aus unterschiedlichen Inselwelten einkaufen, vor allem beeindruckt uns aber die Auswahl der Reisebücher. Der Eigentümer hat ein Händchen, wer sich für das Thema Meer, Insel und Reisen interessiert, betritt eine kleine Schatzkammer.
Am nächsten Morgen laufen wir auf der Uferpromenade, am Denkmal für die auf See verstorbenen Fischer vorbei, Richtung Norden zum Findling „Klein Helgoland“. Zu Zeiten Fontanes wurde hier noch streng nach Geschlechtern getrennt gebadet. Der Wind ist warm, die Ostsee kräuselt sich friedlich unter dem blauen Himmel.
Uns gefällt Sassnitz. Gerade auch weil die Architektur des Ortes kein geschlossenes Bild abbildet. Nach dem langen 20. Jahrhundert sind Wunden und Risse nicht zu übersehen, aber auch der Wille eine neue Einheit zu bilden ist zu spüren. Alles ist im Fluss, der Blick auf das Meer bleibt.