Im 18. Jahrhundert eröffnen sich dem Menschen neue Reisewege und Erfahrungshorizonte. Der Philosoph Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) erlebt auf einem Ruderboot auf dem Bieler See das reine Glück des Nichtstuns. Das Buch Xavier de Maistre’s (1763-1852), der einen Hausarrest in Form einer 40-tägigen Zimmerreise beschreibt, wird weltberühmt. Der Naturforscher Georg Forster (1754-1794) schafft eine neue Gattung, die wissenschaftliche Reiseliteratur.
Im Jahr 1772 begleitet er seinen Vater auf einer dreijährigen Expedition mit dem legendären Seefahrer James Cook. In diesen Wintertagen lesen wir seinen berühmten Erfahrungsbericht „Reise um die Welt“. Auf eintausend Seiten beschreibt der damals 17 Jahre alte Forster seine Abenteuer, die ihn weiter nach Süden führt, als je einen Menschen zu vor. Sein Hauptaugenmerk gilt dabei immer den Einheimischen, denen er begegnet, ihrem Verhalten, ihren Bräuchen, Sitten und Religionen sowie ihren Gesellschaftsformen.
Seine Grundhaltung ist frei von dem üblichen Rassismus seiner Zeit. Er stellt vielmehr fest, „daß die Natur des Menschen zwar überall klimatisch verschieden, aber im ganzen, sowohl der Organisation nach, als in Beziehung auf die Triebe und den Gang ihrer Entwicklung, spezifisch dieselbe ist.“
Das Buch beschreibt eindrucksvoll die einsamen Stunden einer einförmigen Seefahrt und die zahlreichen Landgänge, die ihn zu den Wundern der Natur führen. Der Reiseschriftsteller erahnt die Folgen seiner Entdeckungen. „Ein entdecktes Paradies ist kein Paradies mehr“ folgert er im Anblick bisher unberührter Landschaften.
Forster ist sich bewusst, dass seine Erkenntnisse über diese Welt, eines Tages den imperialen und ökonomischen Motiven der Seemächte nutzen werden. Die Interessen der großen Handelsgesellschaften aus dem Westen bedrohen die idyllische Inselwelt der Südsee. Sein Fazit über die Begegnung der Zivilisationen fällt daher nüchtern aus:
„Wenn die Wissenschaft und Gelehrsamkeit einzelner Menschen auf Kosten der Glückseligkeit ganzer Nationen erkauft werden muß, so wäre es für die Entdecker und Entdeckten besser, daß die Südsee den unruhigen Europäern auf ewig unbekannt geblieben wäre.“
Was bleibt, ist der Mythos der Südsee, der die folgenden Generationen prägen wird. Die Bilder des französischen Malers Paul Gauguin (1848-1903) über den Alltag auf Tahiti inspirieren die Träume der Europäer. Im Jahre 1890 schreibt er, dass die „glücklichen Bewohner eines unbeachteten Paradieses in Ozeanien vom Leben nichts anderes kennen als seine Süße. Für sie heißt Leben Singen und Lieben“.
Der ursprünglichen Begeisterung folgt bald eine – von Forster vorausgesehene – grundsätzliche Ernüchterung über die Entzauberung der Südsee:
„Das Leben zu Papeete wurde mir bald zur Last. Das war ja Europa – das Europa, von dem ich mich zu befreien geglaubt hatte – und noch dazu unter den erschwerenden Umständen des kolonialen Snobismus und der bis zur Karikatur grotesken Nachahmung unserer Sitten, Moden, Laster und Kulturlächerlichkeiten.“