Rügen und der Umweltschutz

Wer liebt sie nicht, die Insel Rügen. Für uns und zahlreiche Reisende ist sie ein Sehnsuchtsort, mit einer an vielen Stellen unberührten Natur, die einmalige Aussichten auf die Ostsee bieten und mit ihren Bezügen zur Kunst und Literatur. Die Idylle trügt ein wenig, denn es gibt Klagen: Der Massentourismus hat die Landschaft verändert, viele Besucherinnen beklagen die steigenden, von der Inflation getriebenen Preise. Die Idee, sein Wohnmobil jenseits der teuren Campingplätze oder Stellplätze zu parken ist ebenso eine Illusion.

Die Begegnung zwischen Mensch und Umwelt war in der Region nie sorgenfrei. Die Texte des Schriftstellers Hanns Cibulka, in seinen Ostseetagebüchern veröffentlicht, galten in der DDR als mutiger Protest gegen die Umweltzerstörung. In dem kleinen Dorf Swantow beschreibt er eine Sternennacht und einen unheimlichen Blick, jenseits des Boddens, auf den damaligen Atommeiler Lubmin: „In einem Kernkraftwerk ist alles still, totenstill, die Energie wird lautlos produziert, der Verbrennungsprozeß dominiert. Wissen was nicht zu sehen ist.“

Cibulka zitiert Paul Valéry: „Der Moderne Mensch hat sein Wissen in Taten umgesetzt, seit einem Jahrhundert unternimmt er in einer Welt, von der er nur ein winziger Teil, ein vergängliches Projekt ist, ein riesiges Werk der künstlichen Umgestaltung, dessen Grenzen und Folgen er nicht übersehen kann.“ Die Kernkraft war lange Zeit das Symbol für eine Energiepolitik, die die Maßlosigkeit, die Grenzüberschreitungen des Menschen beschreibt. Der Ausstieg aus dieser Technik wurde mit technischen Risiken und mit der ungelösten Problematik der Endlagerung der verbrauchten Brennstäbe begründet. Auf der anderen Seite befindet sich Deutschland auf einem Sonderweg, denn in Europa entstehengerade viele neue Meiler.

Heute steht das Thema Energiepolitik wieder auf der Tagesordnung. Es geht nicht um die Windräder auf der Insel, die ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende sind. Zahlreiche BürgerInnen wehren sich gegen ein Flüssiggas-Terminal, das in Sichtweite von Binz gebaut werden soll. Die Gemeinden in der Gegend befürchten, dass das Tourismus-Idyll durch den Blick auf die neuen Anlagen gestört wird. Umweltschützer beklagen, dass der Bau die extrem sensible Natur vor Rügen sowie im geschützten Greifswalder Bodden zerstört.

Auf Telepolis lesen wir heute über wissenschaftlich fundierte Argumente, die schlicht die Notwendigkeit dieser Energiepolitik bezweifeln. Die Abteilungsleiterin am DIW, Claudia Kemfert bezeichnet das fossile LNG-Projekt als energiewirtschaftlich nicht gbeotenund klimapolitisch kontraproduktiv, „da es den Lebensraum der Ostsee gefährdet, zusätzliche klimaschädliche Emissionen verursacht und eine nachhaltige regionale Wirtschaftsentwicklung auf Rügen behindert“. Auf der Webseite der Deutschen Umwelthilfe legt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner, nach: „Das LNG-Projekt auf Rügen bekämpft ein Gespenst, das es nicht gibt. Unsere gemeinsame Studie belegt erneut, dass die Versorgung Ostdeutschlands und Osteuropas gesichert ist. Die Bundesregierung muss sich mit diesen Resultaten auseinandersetzen. Die Errichtung von LNG-Terminals vor Rügen hat mit faktenbasierter und verantwortungsbewusster Politik nichts zu tun.“

Wie immer die Debatte endet, wir erinnern uns daran, dass der moderne Reisende die Konflikte rund um die Energieversorgung kaum ignorieren kann.